"Nach dem Arbeitsvertrag war es Aufgabe der Beklagten, dem Kläger Ziele vorzugeben und damit eine Motivationsgrundlage zu schaffen. Es ist pure Spekulation der Beklagten, zu behaupten, der Kläger hätte auch bei erfolgter Festlegung von Zielen diese nicht erreichen können."
Urteile variable Vergütung
Variable Vergütung trotz niedriger Leistung
Urteil des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 28.07.2006 – 17 Sa 465/06
Update 12.12.2007: Laut Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 12.12.2007 – 10 AZR 97/07 ist dem Arbeitnehmer bei unterlassener Zielvereinbarung lediglich ein Schadensersatzanspruch zuzubilligen. Es ist nicht entsprechend dem Rechtsgedanken des § 162 Abs. 1 BGB eine Zielerreichung fiktiv anzunehmen.
Das Landesarbeitsgericht LAG Düsseldorf differenziert in einem Urteil vom 28.07.2006 zwischen den vertretenen Rechtsauffassungen: Sieht der Arbeitsvertrag vor, dass bei Erreichen bestimmter Ziele an den Arbeitnehmer eine Tantieme gezahlt wird und dass die zu erreichenden Ziele einseitig von dem Arbeitgeber vorgegeben und festgelegt werden und unterlässt der Arbeitgeber dann pflichtwidrig im Bezugszeitraum die Zielvorgabe und vereitelt damit die Zielerreichung durch den Arbeitnehmer, ist in entsprechender Anwendung des § 162 Abs. 1 BGB der Bedingungseintritt, nämlich die Zielerreichung zu fingieren.
Dem Arbeitnehmer steht dann der Erfüllungsanspruch auf die vertraglich geregelte Tantieme zu. Der entsprechenden Anwendung des § 162 Abs. 1 BGB steht die Regelung des § 315 Abs. 3 Satz 2 BGB in diesen Fällen nicht entgegen. Über § 315 Abs. 3 Satz 2 BGB könnte lediglich die Zielvorgabe als solche ersetzt werden. Damit wird aber nicht die Frage beantwortet, ob der Arbeitnehmer die Ziele bei rechtzeitig im Bezugszeitraum erfolgter Vorgabe auch erreicht hätte.
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Landesarbeitsgericht Düsseldorf, Urteil vom 28.07.2006 – 17 Sa 465/06
Vorinstanz: Arbeitsgericht Düsseldorf, 14 Ca 1076/06
Tenor:
I. Auf die Berufung der Beklagten wird unter Zurückweisung ihres Rechtsmittels im Übrigen das Teilurteil des Arbeitsgerichts Düsseldorf vom 30.03.2006 – Az.: 14 Ca 1076/06 – teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:
1) Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger eine Tantieme für das Jahr 2005 in Höhe von 6.666,67 € brutto zuzüglich 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 16.02.2006 zu zahlen.
2) Im Übrigen wird die Zahlungsklage abgewiesen.
II. Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt der Kläger zu 57 % und die Beklagte zu 43 %.
III. Die Revision wird für die Beklagte zugelassen.
Tatbestand:
Die Parteien streiten über den Anspruch des Klägers auf Zahlung einer Tantieme für das Jahr 2005 in Höhe von 10.000,00 € sowie über den Anspruch auf Zahlung von Urlaubsabgeltung in Höhe von 5.384,60 €.
Der Kläger, 42 Jahre alt, verheiratet und zwei Kindern gegenüber zum Unterhalt verpflichtet, war in der Zeit vom 01.05. bis zum 31.12.2005 als Personalleiter bei der Beklagten auf der Grundlage des schriftlichen Anstellungsvertrages vom 21.02.2005 beschäftigt. In dem Anstellungsvertrag heißt es auszugsweise wörtlich wie folgt (Bl. 9 ff. d.A.): „BEZÜGE: Herr L. erhält ein frei vereinbartes Jahresgehalt in Höhe von 70.000,00 € brutto, zahlbar in zwölf gleichen monatlichen Raten. Die tarifliche Jahresleistung sowie das tarifliche Urlaubsgeld werden auf das Jahresgehalt angerechnet. Außerdem erhält Herr L. für jedes Geschäftsjahr eine variable Tantieme. Die Ziele zur Erreichung dieser Tantieme werden jedes Jahr mit Herrn L. besprochen und schriftlich fixiert. Für das Jahr 2005 wurde eine maximale Tantieme von brutto 10.000,00 € vereinbart. Ab dem 01.Januar 2006 erhöht sich das frei vereinbarte Jahresgehalt auf 75.000,00 € brutto, sowie die maximale Tantieme auf 15.000,00 € brutto. Die nächste Überprüfung des Jahresgehaltes sowie der Tantieme erfolgt dann zum 1. Januar 2008. Die Zahlung der Bezüge erfolgt im Jahr des Eintritts bzw. Ausscheidens anteilig […]“
Nach dem übereinstimmenden Verständnis beider Parteien ist die Zielfestlegung gemäß Ziffer 2 des Arbeitsvertrages so zu verstehen, dass die Ziele einseitig von der Beklagten festgelegt, aber mit dem Kläger besprochen und schriftlich fixiert werden. Geschäftsjahr im Sinne der Ziffer 2 des Arbeitsvertrages ist das Kalenderjahr. […]
Mit Schreiben vom 23.06.2005 kündigte der Chefjustitiar X. dem Kläger an, dass die Beendigung seines Arbeitsverhältnisses eingeleitet werde, weil sich die Zusammenarbeit nicht so entwickelt habe, wie erhofft. Des Weiteren heißt es in dem Schreiben wörtlich (Bl. 13 d.A.): „Mit Blick darauf stellen wir Sie bis zum Ende des Arbeitsverhältnisses von der Arbeitsverpflichtung frei. Etwaige Urlaubs- und Freizeitansprüche werden mit der Freistellung abgegolten. Wir werden Sie im Rahmen der Freistellung gegebenenfalls jedoch bitten, zur Abklärung abzuwickelnder Vorgänge ins Haus zu kommen.“
Mit Schreiben vom 28.06.2005 (Bl. 14 d.A.) kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis zum 31.12.2005. Satz 2 des Schreibens lautet: „Die Freistellung von der Arbeitsverpflichtung ist bereits erfolgt.“
Die Ziele, die der Kläger hätte erreichen müssen, um die Tantieme gemäß Ziffer 2 des Anstellungsvertrages zu erhalten, wurden zu keiner Zeit von der Beklagten einseitig oder durch eine Vereinbarung einvernehmlich festgelegt.
Mit am 13.02.2006 bei dem Arbeitsgericht Düsseldorf eingegangenem Schriftsatz hat der Kläger u.a. Klage auf Zahlung der vollen Tantieme für das Jahr 2005 in Höhe von 10.000,00 € brutto sowie von Urlaubsabgeltung in Höhe eines Betrages von 5.384,60 € brutto erhoben. Er hat behauptet, auf Nachfrage habe ihm sein Vorgesetzter Herr X. erklärt, dass man über die Ziele zu einem späteren Zeitpunkt sprechen wolle, da man im ersten Jahr sowieso keine vernünftigen Ziele festlegen könne. Die Vereinbarungen würden bei der Beklagten immer erreicht. Es handele sich insoweit um eine reine Formalität. Der Kläger hat die Ansicht vertreten, durch die Freistellung habe die Beklagte ihm die Möglichkeit genommen, Einfluss auf die Zielerreichung zu nehmen. Die Unmöglichkeit der Erreichung von tantiemerelevanten Zielen habe nicht in seinem Risikobereich gelegen. Die Beklagte habe es versäumt, eine Zielvereinbarung mit ihm zu treffen oder die Ziele nach billigem Ermessen vorzugeben. Sie müsse sich daher so behandeln lassen, als ob er Gelegenheit gehabt hätte, die maximale Tantieme zu erarbeiten. Zwischen der Nichtfestlegung der Ziele und der Kündigung bestehe ersichtlich kein Zusammenhang. Es sei nicht nachvollziehbar, warum die Ziele nicht vor oder wenigstens unmittelbar nach seinem Dienstantritt festgelegt worden seien. Darüber hinaus sei die Beklagte verpflichtet, ihm Urlaubsabgeltung in Höhe von 5.384,60 € brutto zu zahlen. Ihm habe ein Jahresurlaubsanspruch von 30 Tagen zugestanden, was bezogen auf den Beschäftigungszeitraum 20 Urlaubstagen entspreche. Bei einer Bruttomonatsvergütung von 5.833,33 € ergebe sich als Durchschnitt von 13 Wochen eine arbeitstägliche Vergütung in Höhe von 269,23 € brutto. Multipliziert mit 20 Urlaubstagen ergebe sich der eingeklagte Betrag. Der Urlaubsabgeltungsanspruch sei nicht deshalb entfallen, weil der Kläger unwiderruflich von der Erbringung seiner Arbeitsleistung freigestellt worden sei. Die Beklagte habe sich im Schreiben vom 23.06.2005 nämlich vorbehalten, jederzeit zur Abklärung abzuwickelnder Vorgänge auf ihn zurückzugreifen. Er habe daher seinen Urlaubsanspruch nicht realisieren können, sondern stets damit rechnen müssen, von der Beklagten in das Unternehmen gerufen zu werden.
Der Kläger hat beantragt,
1. die Beklagte zu verurteilen, an ihn eine Tantieme für das Jahr 2005 in Höhe von EUR 10.000,00 brutto zuzüglich 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen;
2. die Beklagte zu verurteilen, an ihn EUR 5.384,60 nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit als Urlaubsabgeltung für das Jahr 2005 zu zahlen;
3. die Beklagte zu verurteilen, Zug um Zug gegen Rückgabe des dem Kläger unter dem 31.12.2005 erteilten Zeugnisses ihm ein korrigiertes Zeugnis nach folgender Maßgabe zu erteilen: […]
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat behauptet, bereits nach kurzer Zeit habe sich in dem Arbeitsverhältnis die mangelnde fachliche und menschliche Qualifikation des Klägers für die Position des Personalleiters gezeigt. Die Geschäftsleitung und Herr X. hätten ihn wiederholt auf die Mängel seiner Arbeitsleistung hingewiesen und ihm nahegelegt, das Angebot zur Einarbeitung durch den vormaligen Personalleiter Herrn L. sowie die angebotene Hilfestellung anzunehmen. Die Gespräche hätten keine Wirkung gezeigt. Die Beklagte habe sich daher bereits nach acht Wochen gezwungen gesehen, das Arbeitsverhältnis zu beenden. Sie hat die Ansicht vertreten, der Kläger habe keinen Anspruch auf Zahlung einer Tantieme in Höhe von 10.000,00 € brutto. Maßgeblich für die Beurteilung der Rechtslage sei nicht allein der Umstand, dass eine Zielvorgabe ihrerseits nicht erfolgt sei, sondern vielmehr der Grund für die Nichtbestimmung der Ziele. Dieser sei ausschließlich in der durch die schlechte Leistung des Klägers veranlassten Kündigung des Arbeitsverhältnisses und in der Freistellung zu sehen. Das Recht zur einseitigen Zielvorgabe sei ein Leistungsbestimmungsrecht des Arbeitgebers nach § 315 BGB. Werde die Leistungsbestimmung nicht vorgenommen, so stehe dem Arbeitnehmer der Weg des § 315 Abs. 3 BGB offen. Selbst wenn die Beklagte von ihrem Leistungsbestimmungsrecht Gebrauch gemacht hätte, wäre es dem Kläger aufgrund der Freistellung objektiv unmöglich gewesen, die Zielvorgabe und damit die aufschiebende Bedingung für das Entstehen des Anspruchs auf Zahlung einer Tantieme zu erfüllen. Sowohl der Einwand der Unmöglichkeit als auch der Einwand rechtmäßigen Alternativverhaltens stünden einem Zahlungsanspruch des Klägers daher entgegen. Im Übrigen habe der Kläger auch gar nicht vorgetragen, in welchem Umfang er fiktive Ziele hätte erfüllen können. Gerade am Beginn eines Arbeitsverhältnisses in der Einarbeitungszeit bestehe keine Vermutung dafür, dass der Arbeitnehmer schon leistungsabhängige Vergütungsbestandteile erwirtschaften könne. Unabhängig davon sei zu berücksichtigen, dass unter Ziffer 2 des Anstellungsvertrages ausdrücklich vereinbart worden sei, dass die Zahlung der Bezüge im Jahr des Eintritts bzw. Ausscheidens lediglich anteilig erfolge. Da das Arbeitsverhältnis im Jahr 2005 nur acht Monate bestanden habe, könne der Kläger, die Erfüllung der übrigen Anspruchsvoraussetzungen unterstellt, maximal anteilig für diesen Zeitraum die Zahlung der Tantieme beanspruchen. Schließlich stehe ihm auch kein Anspruch auf Zahlung von Urlaubsabgeltung zu. Der Urlaubsanspruch sei durch die mit Schreiben vom 23.06.2005 erklärte unwiderrufliche Freistellung erfüllt worden. Außerdem habe der Kläger es versäumt, seinen Urlaubsanspruch während des Freistellungszeitraums, wenn er denn nicht erfüllt worden wäre, geltend zu machen.
Mit Teilurteil vom 30.03.2006 hat das Arbeitsgericht Düsseldorf der Zahlungsklage in vollem Umfang stattgegeben und zur Begründung ausgeführt, dass dem Kläger ein Anspruch auf Zahlung der vollen Tantieme für das Kalenderjahr 2005 in Höhe von 10.000,00 € brutto als Schadensersatz gemäß § 280 Abs. 1 BGB i.V.m. Ziffer 2 des Anstellungsvertrages zustehe. Zwar enthalte die Tantiemevereinbarung des Anstellungsvertrages keine ausdrückliche Regelung dazu, was geschehen soll, wenn eine Zielfestlegung nicht erfolgt, allerdings lasse sich dem Wortlaut der Ziffer 2 Abs. 3 des Anstellungsvertrages entnehmen, dass die Beklagte als Arbeitgeberin bei der Zielfestlegung die Initiative hätte ergreifen müssen. Unterlasse sie es, eine Zielvorgabe zu treffen, so könne nach Treu und Glauben und dem in § 162 Abs. 1 BGB zum Ausdruck kommenden allgemeinen Rechtsgedanken die Rechtsfolge nur darin bestehen, dass der Kläger seinen Anspruch auf die Tantieme gleichwohl behalte und eine Zielerreichung von 100 % fiktiv zugrundegelegt werde. Die Beklagte könne sich hier nicht auf eine Schlechtleistung des Klägers, die Freistellung und die frühzeitige Kündigung des Arbeitsverhältnisses berufen. Denn der Arbeitsvertrag der Parteien sei bereits im Februar 2005 abgeschlossen worden, ohne dass nachfolgend Ziele festgelegt worden wären. Zwischen dem Abschluss des Arbeitsvertrages und der Freistellung des Klägers hätten vier Monate gelegen, die die Beklagte hinsichtlich der Zielfestlegung ungenutzt habe verstreichen lassen. Warum sie mit der Festlegung der Ziele so lange zugewartet habe, sei nicht ersichtlich. Die von der Beklagten behaupteten Schlechtleistungen änderten nichts daran, dass sie ihrer arbeitsvertraglichen Verpflichtung zur Zielfestsetzung nicht nachgekommen sei und es dem Kläger daher nicht ermöglicht habe, die Tantieme zu verdienen. Auch die Freistellung des Klägers hindere den Tantiemeanspruch wegen § 615 Satz 1 BGB nicht. Der Anspruch auf Zahlung einer Tantieme bestehe zudem in voller Höhe von 10.000,00 € brutto. Denn wenn die Parteien in Kenntnis des Umstandes, dass das Arbeitsverhältnis erst im Laufe eines Kalenderjahres beginnt, eine Zahlung für dieses Kalenderjahr vereinbarten, so müsse bei Fehlen anderer Anhaltspunkte davon ausgegangen werden, dass sie auch das Problem des anteiligen Jahres mitberücksichtigt hätten. Da hier in Kenntnis des Beginns des Arbeitsverhältnisses im Laufe des Jahres 2005 gleichwohl eine Tantieme in Höhe von 10.000,00 € vereinbart worden sei, ergebe die Auslegung des Anstellungsvertrages, dass eben dieser Betrag bei 100 %iger Zielerfüllung für den Zeitraum Mai bis Dezember 2005 geschuldet sei. Schließlich hat das Arbeitsgericht Düsseldorf dem Kläger auch die Urlaubsabgeltung in der beantragten Höhe zugesprochen und hierzu ausgeführt, dass die von der Beklagten erklärte Freistellung nicht unwiderruflich gewesen sei, da die Beklagte sich vorbehalten habe, den Kläger zur Abklärung abzuwickelnder Vorgänge jederzeit wieder zurückzurufen. Damit sei der Urlaubsanspruch nicht erfüllt worden. Der Kläger habe seinen Urlaubs- und Urlaubsabgeltungsanspruch auch nicht mangels Geltendmachung verloren. Eine Verpflichtung des Arbeitnehmers, im Rahmen der Kündigungsfrist seinen Resturlaub selbst zu beantragen, bestehe nicht.
Das Teilurteil des Arbeitsgerichts Düsseldorf ist der Beklagten am 20.04.2006 zugestellt worden. Mit am 21.04.2006 bei dem Landesarbeitsgericht eingegangenem Schriftsatz hat sie Berufung eingelegt, die sie mit am 26.05.2006 bei dem Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz begründet hat.
Die Beklagte wiederholt ihren gesamten Sachvortrag aus erster Instanz und vertritt weiterhin die Auffassung, dass dem Kläger weder ein Anspruch auf Zahlung einer Tantieme noch ein Anspruch auf Zahlung von Urlaubsabgeltung zustehe. Sie trägt vor, es sei zwar zutreffend, dass der Kläger im Zuge der Vertragsverhandlungen Herrn X. bezüglich der Zielfestlegung angesprochen habe. Dieser habe dem Kläger darauf zu verstehen gegeben, dass die zu formulierenden Jahresziele im ersten Jahr keine hohen Anforderungen stellen würden. Nach Beginn des Arbeitsverhältnisses seien dann zwar von der Beklagten keine Ziele festgelegt und formuliert worden. Es habe aber die ganze Zeit Gesprächsbereitschaft bestanden und es seien auch Gespräche mit dem Kläger geführt worden. So habe der Kläger darum gebeten, dass der frühere Personalleiter bereits vorzeitig ausscheide. Das sei von Herrn X. für die Beklagte abgelehnt worden. In diesem Gespräch seien Zielfestlegungen allerdings nicht thematisiert worden. Die Beklagte bestreitet, dass Herr X. davon gesprochen habe, dass es sich bei der Zielfestlegung um eine reine Formalität handele. Im Übrigen ist sie weiterhin der Ansicht, dass keine Bedingungsvereitelung vorliege, sondern es vielmehr Sache des Klägers gewesen wäre, die unterbliebene Zielfestlegung gemäß § 315 Abs. 3 BGB gerichtlich ersetzen zu lassen. In diesem Zusammenhang sei es Aufgabe des Klägers, die seiner Ansicht nach für billig zu erachtenden Ziele zu benennen und vorzutragen, dass er diese auch erfüllt hätte. Beides sei nicht erfolgt. Für die Annahme, der Kläger hätte einen variablen Gehaltsanspruch von 10.000,00 € erzielen können, fehle damit jegliche Tatsachengrundlage. Die Beklagte ist weiterhin der Ansicht, dass selbst bei unterstellter Zielerreichung jedenfalls nur ein anteiliger Anspruch in Höhe von 8/12 von 10.000,00 € zugesprochen werden könne. Das ergebe die Auslegung des Arbeitsvertrages. In diesem sei davon die Rede, dass sich die maximale Tantieme ab 01.01.2006 auf 15.000,00 € brutto erhöhe. Wenn jedoch für das Jahr 2005 der Betrag von 10.000,00 € von den Parteien für den Zeitraum von Mai bis Dezember 2005 festgelegt worden wäre, ergäbe sich daraus ein monatlicher anteiliger Tantiemeanspruch in Höhe von 1.250,00 €. Für das Jahr 2006 ergebe sich nach dem Vertrag gleichfalls ein monatlicher anteiliger Tantiemeanspruch in dieser Höhe, sodass von einer Erhöhung der Tantieme nicht gesprochen werden könne. Schließlich ist die Beklagte weiterhin der Ansicht, dass ein Urlaubsabgeltungsanspruch des Klägers wegen der Erfüllung der Urlaubsansprüche durch die unwiderrufliche Freistellung ausscheide. Jedenfalls bestehe aber deshalb kein Urlaubsabgeltungsanspruch, weil der Kläger im Jahr 2005 Urlaub unstreitig zu keinem Zeitpunkt geltend gemacht habe und dieser daher verfallen sei.
Die Beklagte beantragt,
das Teilurteil des Arbeitsgerichts Düsseldorf vom 30.03.2006 – Aktenzeichen 14 Ca 1076/06 abzuändern und die Klage insoweit abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Auch er wiederholt sein gesamtes erstinstanzliches Vorbringen und verteidigt die Ausführungen in dem angefochtenen Urteil. Er behauptet, sowohl bei den Vertragsverhandlungen als auch bei Beginn des Arbeitsverhältnisses habe Herr X. jeweils auf die Frage des Klägers nach der Zielfestlegung geantwortet, dass dies eine reine Formsache sei. Da die Beklagte gleichwohl zu keinem Zeitpunkt ihrer Verpflichtung zur Zielfestlegung nachgekommen sei, ist der Kläger weiterhin der Ansicht, dass sie wegen treuwidriger Vereitelung des Bedingungseintritts zur Zahlung der vollen Tantieme verpflichtet sei. Es sei allein ihre Aufgabe gewesen, eine Zielfestlegung vorzunehmen. Mehr, als darauf mit seinen Fragen hinzuwirken, sei ihm nicht möglich gewesen. Er sei faktisch nicht in der Lage, darzulegen, welche Ziele die Beklagte ihm billigerweise hätte setzen müssen und in welchem Umfang er sie erfüllt hätte. Aufgrund der behaupteten Erklärungen des Herrn X. sei im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung im Übrigen davon auszugehen, dass die Aufteilung des Gehaltes in feste und variable Bezüge eine reine, rechtlich nicht ernst gemeinte Formalität sei. Dies führe im Ergebnis dazu, dass der Kläger einen Anspruch auf die volle Tantieme in Höhe von 10.000,00 € für das Jahr 2005 habe. Selbst wenn man dem nicht folgen wolle, sei die Beklagte jedenfalls, da sie zu keinem Zeitpunkt ihrer Verpflichtung zur Festlegung der Ziele nachgekommen sei, aus dem Rechtsgedanken des § 162 Abs. 1 BGB heraus verpflichtet, die volle Tantieme zu zahlen. Der Tantiemeanspruch bestehe auch nicht lediglich anteilig in Höhe von 8/12, sondern in voller Höhe von 10.000,00 €. Insoweit sei der Anstellungsvertrag in Ziffer 2 missverständlich und unklar formuliert. Da er einseitig von der Beklagten vorgegeben worden sei, gingen solche Unklarheiten zu ihren Lasten. Schließlich ist der Kläger weiterhin der Ansicht, dass ihm der geltend gemachte Urlaubsabgeltungsanspruch zustehe, da die von der Beklagten ausgesprochene Freistellung den Urlaubsanspruch nicht erfüllt habe und er nicht verpflichtet gewesen sei, den Urlaub seinerseits bis Jahresende geltend zu machen.
Wegen des weiteren Parteivorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen in beiden Instanzen sowie auf die Sitzungsniederschriften Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
I.
Die Berufung der Beklagten gegen das Teilurteil des Arbeitsgerichts Düsseldorf vom 30.03.2006 ist zulässig. Sie ist insbesondere form- und fristgerecht im Sinne von §§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 ArbGG i.V.m. § 520 ZPO eingelegt und begründet worden. Darüber hinaus ist sie auch statthaft im Sinne von § 64 Abs. 1, Abs. 2 lit. b ArbGG.
II.
Die Berufung ist teilweise, in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet. Der Kläger hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Zahlung einer Tantieme für das Jahr 2005 in Höhe von anteilig 6.666,67 € brutto nebst Zinsen aus Ziffer 2 des Anstellungsvertrages i.V.m. § 162 Abs. 1 BGB. In diesem Umfang ist die Beklagte in erster Instanz zu Recht zur Zahlung verurteilt worden. Darüber hinaus besteht jedoch weder ein weitergehender Tantiemeanspruch noch ein Anspruch auf Urlaubsabgeltung, sodass das Rechtsmittel der Beklagten insoweit erfolgreich, das Teilurteil des Arbeitsgerichts Düsseldorf teilweise abzuändern und die Klage abzuweisen war. Im Einzelnen:
1. Dem Kläger steht gegen die Beklagte ein Anspruch auf Zahlung einer anteiligen Tantieme in Höhe von 6.666,67 € brutto für das Jahr 2005 zu. Anspruchsgrundlage ist entgegen der Ansicht des Arbeitsgerichts allerdings nicht § 280 Abs. 1 BGB (Schadensersatz). Vielmehr kann der Kläger den Zahlungsanspruch bereits unmittelbar als Erfüllungsanspruch aus Ziffer 2 Abs. 3 und 6 des Anstellungsvertrages vom 21.02.2005 i.V.m. § 162 Abs. 1 BGB herleiten.
a.) Gemäß Ziffer 2 Abs. 3 des Anstellungsvertrages erhält der Kläger für jedes Geschäftsjahr eine variable Tantieme. Unter Geschäftsjahr ist dabei nach der übereinstimmenden Erklärung beider Parteien in der mündlichen Verhandlung vom 28.07.2006 das Kalenderjahr zu verstehen. Für das Jahr 2005 wurde eine maximale Tantieme von brutto 10.000,00 € vereinbart. Hinsichtlich der zu erreichenden Ziele sieht Ziffer 2 Abs. 3 Satz 2 des Anstellungsvertrages vor, dass diese jedes Jahr mit dem Kläger besprochen und schriftlich fixiert werden. Die Regelung ist gemäß §§ 133, 157 BGB dahingehend auszulegen, dass damit eine einseitige Zielfestlegung durch die Beklagte gemeint ist. Hierfür sprechen Wortlaut und Systematik der Regelung unter Ziffer 2 Abs. 3 des Anstellungsvertrages. Dort ist hinsichtlich der Zielfestlegung nicht von einer gesonderten Vereinbarung der Parteien die Rede, sondern lediglich davon, dass die Ziele mit dem Kläger besprochen und schriftlich fixiert werden. Der Wortlaut der Regelung lässt nicht erkennen, dass dem Kläger bei der Besprechung dann irgendeine eigene Entscheidungsbefugnis zustehen soll. Die Zielfestlegung wird nicht von seinem Einverständnis abhängig gemacht. Der Anstellungsvertrag unterscheidet im Übrigen sehr genau zwischen Vereinbartem und dem, was lediglich besprochen , also letztlich einseitig festgelegt wird. Denn in Satz 3 des Absatzes 3 der Ziffer 2 des Anstellungsvertrages wird hinsichtlich der Festlegung der maximal erreichbaren Tantieme für das Jahr 2005 ausdrücklich von einer Vereinbarung des Betrages von 10.000,00 € gesprochen. Schließlich entspricht die hier vorgenommene Auslegung nach den übereinstimmenden Erklärungen beider Parteien in der mündlichen Verhandlung vom 28.07.2006 ihrem gemeinsamen Verständnis von dem Inhalt der Regelung unter Ziffer 2 Abs. 3 des Anstellungsvertrages. Dieser übereinstimmende Wille der Parteien ist für die Auslegung nach §§ 133, 157 BGB maßgeblich, und zwar selbst dann, wenn er im Inhalt der Erklärung keinen oder nur einen unvollkommenen Ausdruck gefunden hätte (vgl. Palandt/Heinrichs, BGB, 65. Aufl., § 133 Rdn. 8 m.w.N.).
b.) Dementsprechend war es nach dem Anstellungsvertrag Aufgabe der Beklagten, die zur Erreichung der Tantieme notwendigen Ziele einseitig festzulegen. Unstreitig ist eine Zielfestlegung seitens der Beklagten während der gesamten Dauer des Arbeitsverhältnisses zu keinem Zeitpunkt erfolgt. Der Anstellungsvertrag enthält keinerlei Regelung zu den Rechtsfolgen, die eintreten sollen, falls die notwendige Zielfestlegung unterbleibt. Nach Ansicht der Berufungskammer muss sich die Beklagte hier in entsprechender Anwendung des § 162 Abs. 1 BGB so behandeln lassen, als wenn der Kläger die fiktiv von ihr vorgegebenen Ziele erreicht hätte. Damit steht ihm der Erfüllungsanspruch aus Ziffer 2 Abs. 3, 6 des Anstellungsvertrages i.V.m. § 162 Abs. 1 BGB in Höhe von 100 % der Tantieme bezogen auf den Zeitraum des Arbeitsverhältnisses zu.
aa.) Die Rechtsfolgen einer unterlassenen Zielfestlegung bei leistungsabhängigen Vergütungsbestandteilen mit Zielvereinbarung sind in Rechtsprechung und Literatur umstritten. Teilweise wird die Ansicht vertreten, im Falle der verzögerten oder unterlassenen Leistungsbestimmung müsse diese gemäß § 315 Abs. 3 Satz 2, 2. Halbs. BGB durch gerichtliches Urteil ersetzt werden. Dies könne auch noch nach Ablauf des Bezugszeitraums erfolgen, wobei dann seitens des klagenden Arbeitnehmers ein Schadensersatzanspruch wegen der unterlassenen Zielfestlegung bestehe. Voraussetzung für diesen Anspruch sei jedoch, dass der Arbeitnehmer darlege, welche Ziele der Arbeitgeber hätte festlegen müssen und dass er selbst diese Ziele auch erreicht hätte (vgl. Hess. LAG vom 29.01.2002 7 Sa 836/01, AiB 2002, 575 f.; LAG Düsseldorf vom 29.10.2003 12 Sa 900/03, n.v.; Riesenhuber/von Steinau-Steinrück, NZA 2005, 785, 791; für die Fälle unterbliebener einvernehmlicher Zielfestlegungen im Ergebnis ebenso LAG Hamm vom 24.11.2004 3 Sa 1325/04, LAG Report 2005, 165 ff.; ArbG Düsseldorf vom 13.08.2003 10 Ca 10348/02, DB 2004, 1103 ff.).
Andererseits wird vertreten, dass in den Fällen, in denen der Arbeitgeber die Initiative zur Festlegung von Zielen trägt und die Zielfestlegung unterlässt, nach Treu und Glauben und dem in § 162 Abs. 1 BGB zum Ausdruck kommenden allgemeinen Rechtsgedanken die Rechtsfolge nur darin bestehen könne, dass der klagende Arbeitnehmer seinen Anspruch auf die leistungsabhängige Vergütung behalte und eine Zielerreichung von 100 % fiktiv zugrundezulegen sei. Dabei wird der Anspruch sowohl als Erfüllungsanspruch als auch hilfsweise als Schadensersatzanspruch begründet (vgl. LAG Köln. vom 23.05.2002 7 Sa 71/02, NZA-RR 2003, 305 ff.; Röder in: Festschrift zum 25-jährigen Bestehen der Arbeitsgemeinschaft Arbeitsrecht im Deutschen Anwaltsverein, 2006, S. 139, 148; Bauer/Diller/Göpfert, BB 2002, 882, 883; Münchner Anwaltshandbuch Arbeitsrecht/Kolvenbach/Glaser, 2005, § 18 Rdn. 67).
bb.) Die Berufungskammer folgt wie schon das Arbeitsgericht in dem angefochtenen Teilurteil der letztgenannten Ansicht, wobei allerdings nicht von einem Schadensersatzanspruch bei unterlassener Zielfestlegung durch den Arbeitgeber auszugehen ist, sondern davon, dass in entsprechender Anwendung des § 162 Abs. 1 BGB der Bedingungseintritt, nämlich die Zielerreichung durch den Arbeitnehmer fingiert wird, sodass diesem der Erfüllungsanspruch auf Zahlung der vollen erreichbaren Tantieme aus dem Arbeitsvertrag zusteht.
Sinn und Zweck der Vereinbarung leistungsabhängiger Entgeltbestandteile mit Zielvorgaben ist es, Leistungsanreize für die betroffenen Arbeitnehmer zu schaffen. Zielvereinbarungen sind ein Instrument der Mitarbeiterführung. Sie dienen der Leistungs- und Verhaltenssteuerung. Der Arbeitgeber kann den Leistungsstand einzelner Arbeitnehmer über die Festlegung von Zielen beobachten und beeinflussen (vgl. Riesenhuber/von Steinau-Steinrück, NZA 2005, 785 f.; Röder in: Festschrift zum 25-jährigen Bestehen der Arbeitsgemeinschaft Arbeitsrecht in Deutschen Anwaltverein, S. 139 f.; Münchener Anwaltshandbuch Arbeitsrecht/Kolvenbach/Glaser, § 18 Rdn. 49). Personalpolitisch beruhen variable Vergütungssysteme, die von Zielvereinbarungen Gebrauch machen, auf dem Konzept des sog. Management by Objectives ( Führen mit Zielen ). Das Streben des Mitarbeiters nach einer höheren Vergütung wird auf das Erreichen bestimmter Ziele gelenkt. Damit wird aus Unternehmenssicht eine Erhöhung von Motivation, Produktivität und Innovationsfähigkeit der Mitarbeiter durch das Setzen gezielter Leistungsanreize bezweckt (Röder in: Festschrift zum 25-jährigen Bestehen der Arbeitsgemeinschaft Arbeitsrecht im Deutschen Anwaltverein, S. 139, 140 m.w.N.). Das bedeutet im Umkehrschluss aber auch, dass Ziele seitens des Arbeitgebers sowohl verständlich formuliert als auch erreichbar sein müssen. Ansonsten droht eine Demotivation des Mitarbeiters (Röder, a.a.O., S. 139, 141). Diese droht erst recht, wenn der Arbeitgeber bei variablen Vergütungsbestandteilen die vertraglich vorgesehene Zielfestlegung gänzlich unterlässt.
Daraus folgt bereits, dass die Argumentation der Beklagten, der Kläger habe schlechte Arbeit geleistet und hätte deshalb von vornherein seinerseits eine Zielfestsetzung vereitelt bzw. fiktiv festzulegende Ziele nicht erreichen können, nicht überzeugt. Nach dem Arbeitsvertrag war es Aufgabe der Beklagten, dem Kläger Ziele vorzugeben und damit eine Motivationsgrundlage zu schaffen. Es ist pure Spekulation der Beklagten, zu behaupten, der Kläger hätte auch bei erfolgter Festlegung von Zielen diese nicht erreichen können. Sie war vielmehr verpflichtet, ihm überhaupt erst die Möglichkeit zu geben, vorgegebene Ziele zu erreichen. Aufgrund der mit einer Zielvereinbarung typischerweise angestrebten Motivationseffekte ist es nicht auszuschließen, dass selbst ein unterstellt unterdurchschnittlich leistungsfähiger oder -bereiter Mitarbeiter nach erfolgter Zielfestlegung Leistungen zeigt und Fähigkeiten entwickelt, die man ihm vorher nicht zugetraut hätte. Das gilt ganz besonders im vorliegenden Fall, wo der Kläger gerade erst von der Beklagten eingestellt worden war und diese selbst in der mündlichen Verhandlung hat erklären lassen, dass sie im ersten Jahr keine zu hohen Anforderungen an die zu formulierenden Jahresziele gestellt hätte. Selbst unterstellt, die von der Beklagten pauschal behaupteten Leistungsdefizite des Klägers hätten tatsächlich am Anfang des Arbeitsverhältnisses bestanden, kann daraus nichts für ihr Argument hergeleitet werden, dass er auch bei erfolgter Zielfestlegung weiterhin keine guten Leistungen erbracht hätte. Die Beklagte hat dem Kläger vertragswidrig von vornherein überhaupt nicht die Chance gegeben, sie vom Gegenteil zu überzeugen.
Ob ein Arbeitnehmer bei erfolgter Zielfestlegung die Ziele auch erreicht hätte, kann oftmals im Nachhinein nicht mehr sicher beurteilt werden. Für die retrospektive Bestimmung des Motivationseffekts der Zielfestlegung in Verbindung mit der bei Zielerreichung ausgelobten Tantieme ist gerade zu Beginn eines Arbeitsverhältnisses regelmäßig keine ausreichende Tatsachengrundlage vorhanden. Im Bereich des Schadensersatzrechts wäre damit auch eine Schätzung nach § 287 ZPO erheblich erschwert. Hieran zeigt sich die mangelnde Überzeugungskraft der Rechtsansicht, der zufolge der Arbeitnehmer bei unterbliebener Zielfestlegung auf Schadensersatz klagen und im Schadensersatzprozess zugleich über § 315 Abs. 3 BGB die festzulegenden Ziele durch gerichtliches Urteil ersetzen lassen müsste. Gerade zu Beginn eines Arbeitsverhältnisses ist es dem klagenden Arbeitnehmer ohne nähere Angaben des Arbeitgebers überhaupt nicht möglich, sinnvoll die Ziele zu benennen, die ihm billigerweise hätten vorgegeben werden müssen. Zudem ist mit der nachträglich über § 315 Abs. 3 BGB ersetzten Zielfestlegung immer noch nicht geklärt, ob der Arbeitnehmer die Ziele auch erreicht hätte. Solange der Bezugszeitraum noch läuft, kann zwar über § 315 Abs. 3 BGB die unterbliebene Zielfestlegung durch gerichtliches Urteil ersetzt werden. Der Umstand der Verzögerung der Leistungsbestimmung kann dabei mitberücksichtigt werden (vgl. LAG Düsseldorf vom 29.10.2003 12 Sa 900/03, n.v.). Wenn jedoch wie hier der Bezugszeitraum bereits abgelaufen ist, hilft die nachträgliche Bestimmung billigerweise festzusetzender Ziele gemäß § 315 Abs. 3 Satz 2 BGB bei der Beantwortung der letztlich entscheidenden Frage nicht mehr weiter, ob die Ziele auch erreicht worden wären und damit die Bedingung für die Zahlung der Tantieme eingetreten wäre. Den Leistungsanreiz der Zielvorgabe kann man durch nachträgliche Zielfestlegung eben nicht mehr herstellen (Riesenhuber/von Steinau-Steinrück, NZA 2005, 785, 792).
Daran zeigt sich, dass in den Fällen, in denen der Arbeitgeber es treuwidrig unterlassen hat, während des Bezugzeitraums für eine variable Vergütung die erforderlichen Ziele zu definieren, in entsprechender Anwendung des § 162 Abs. 1 BGB der Bedingungseintritt, nämlich die Zielerreichung zu fingieren ist, sodass dem Arbeitnehmer ein Erfüllungsanspruch auf die vertraglich geregelte Tantieme in voller Höhe zusteht. Zwar ist § 162 Abs. 1 BGB nicht unmittelbar anwendbar, da er nur auf echte Bedingungen im Sinne von § 158 BGB Anwendung findet (Erman/Armbrüster, BGB, 11.Aufl., § 162 Rdn. 1 m.w.N.). Allerdings ist anerkannt, dass § 162 Abs. 1 BGB den allgemeinen Rechtsgedanken enthält, dass niemand aus einem von ihm treuwidrig herbeigeführten Ereignis Vorteile herleiten darf, und dass die Vorschrift deswegen bei vergleichbarer Interessenlage entsprechend anzuwenden ist (vgl. Erman/Armbrüster, BGB, 11.Aufl., § 162 Rdn. 7; Palandt/Heinrichs, BGB, 65. Aufl., § 162 Rdn. 6).
cc.) Ein entsprechender Anwendungsfall für die Regelung des § 162 Abs. 1 BGB liegt hier vor. Die Interessenlage ist vergleichbar. Denn Bedingung für die Zahlung der Tantieme nach Ziffer 2 Abs. 3 des Anstellungsvertrages ist nicht nur, dass von der Beklagten während des Bezugzeitraums Ziele festgelegt werden, sondern auch, dass der Kläger die Ziele erreicht. Durch die Nichtfestlegung der Ziele hat die Beklagte die weitere Bedingung der Zielerreichung vereitelt. Sie war aber nach dem Anstellungsvertrag verpflichtet, die Ziele für die Erreichung der Tantieme vorzugeben. Der Kläger hatte einen Anspruch gegen die Beklagte auf Vornahme der Zielfestlegung. Dem ist die Beklagte während des Arbeitsverhältnisses im gesamten Bezugzeitraum nicht nachgekommen.
Dies geschah in einer Treu und Glauben widersprechenden Weise. Für das treuwidrige Verhalten im Sinne von § 162 Abs. 1 BGB ist kein Verschulden erforderlich. Ausreichend ist vielmehr ein objektiver Verstoß gegen Treu und Glauben, der u.a. dann anzunehmen ist, wenn eine Handlung trotz Rechtspflicht zum Handeln grundlos unterlassen wird (vgl. Palandt/Heinrichs, BGB, 65. Aufl., § 162 Rdn. 3 m.w.N.). Die Voraussetzungen liegen hier vor. Die von der Beklagten für ihr Untätigbleiben genannten Gründe sind nicht nachvollziehbar. So trägt sie vor, dass der Kläger derartige Schlechtleistungen gezeigt habe, dass man sich bereits nach kurzer Zeit von ihm wieder habe trennen müssen. Das erklärt gleichwohl nicht – worauf bereits das Arbeitsgericht zutreffend hingewiesen hat -, warum sie nicht spätestens bei Beginn des Arbeitsverhältnisses Anfang Mai 2005 oder in den ersten Tagen nach dessen Beginn die für die Erreichung der Tantieme notwendigen Ziele festgelegt und dem Kläger vorgegeben hat. Hätte sie dies getan, hätte sie möglicherweise einen zusätzlichen Leistungsanreiz und Motivationsschub bei ihm ausgelöst. Jedenfalls begründet die angebliche Schlechtleistung des Klägers in keiner Weise die unterbliebene Zielfestlegung. Wenn der Kläger tatsächlich auch nach erfolgter Zielfestlegung weiterhin schlechte Leistungen gezeigt hätte, hätte er eben die gesetzten Ziele verfehlt und damit keinen Anspruch auf die Tantieme erworben. Mit der bloßen Spekulation der Beklagten, er hätte fiktiv gesetzte Ziele ohnehin nicht erreichen können, kann jedoch weder die unterbliebene Zielfestlegung gerechtfertigt noch der Zahlungsanspruch des Klägers vereitelt werden.
Aus den gleichen Gründen überzeugt auch die Argumentation des rechtmäßigen Alternativverhaltens nicht. Zum Einen ist der Einwand des rechtmäßigen Alternativverhaltens grundsätzlich nur im Schadensersatzrecht von Bedeutung (vgl. Palandt/Heinrichs, BGB, 65. Aufl., vor § 249 Rdn. 105 ff. m.w.N.). Zum Anderen trägt selbst dort der Schädiger die Darlegungs- und Beweislast für die Behauptung, dass der Schaden auch bei rechtmäßigem Alternativverhalten eingetreten wäre. Wie bereits aufgezeigt, beruht die Argumentation der Beklagten, der Kläger hätte fiktiv festgelegte Ziele nicht erreicht, jedoch auf bloßer Spekulation und nicht auf konkretem Tatsachvortrag.
Schließlich überzeugt auch der Einwand der Unmöglichkeit im Zusammenhang mit der Freistellung des Klägers nicht. Zum Einen erfolgte diese erst am 23.06.2005 und rechtfertigt also nicht die frühere Bedingungsvereitelung. Zum Anderen befreit das Freistellungsrecht die Beklagte nicht von der Verpflichtung zur Fortzahlung auch der leistungsabhängigen Bezüge, was sich schon aus der Regelung unter Ziffer 11 des Anstellungsvertrages ergibt ( …unter Fortzahlung der Bezüge auf die Arbeitsleistung…zu verzichten ).
c.) Der Höhe nach hat der Kläger damit zwar einen Anspruch auf die volle Tantieme, allerdings entgegen seiner Ansicht und den Ausführungen des Arbeitsgerichts in dem angefochtenen Teilurteil lediglich anteilig bezogen auf den Beschäftigungszeitraum. Dies ergibt die Auslegung der Ziffer 2 des Anstellungsvertrages gemäß §§ 133, 157 BGB. Danach stehen ihm lediglich 8/12 von 10.000,00 €, also 6.666,67 € brutto zu.
Bereits der Wortlaut der vertraglichen Regelung muss hier mit der Argumentation der Beklagten als eindeutig bezeichnet werden. In Ziffer 2 Abs. 6 des Anstellungsvertrages ist klar und deutlich geregelt, dass die Zahlung der Bezüge im Jahr des Eintritts bzw. Ausscheidens anteilig erfolgt. Unter Bezügen ist dabei, wie bereits die Überschrift der Ziffer 2 des Anstellungsvertrages zeigt, sowohl das Jahresgehalt als auch die variable Tantieme zu verstehen. Genauso, wie das Jahresgehalt trotz des Beginns des Arbeitsverhältnisses im laufenden Jahr 2005 mit 70.000,00 € brutto für einen Bezugszeitraum von 12 Monaten festgelegt wurde, ist dies bei der variablen Tantieme mit dem Betrag von 10.000,00 € brutto der Fall. Erkennbar haben die Parteien hier unter Ziffer 2 des Anstellungsvertrages jeweils Jahresbeträge festgelegt, und zwar sowohl für 2005 als auch für das Folgejahr 2006.
Gerade der Vergleich der Vergütungsregelungen für das Jahr 2005 mit denen für das Jahr 2006 zeigt zudem, dass sich neben dem Betrag des Jahresgehalts auch der der maximalen Tantieme für das Jahr 2005 auf das gesamte Geschäfts- und damit Kalenderjahr beziehen sollte. Denn worauf die Beklagte zutreffend hinweist in Ziffer 2 Abs. 4 des Anstellungsvertrages ist geregelt, dass sich ab dem 01.01.2006 sowohl das Jahresgehalt auf 75.000,00 € brutto als auch die maximale Tantieme auf 15.000,00 € brutto erhöhen. Von einer Erhöhung der Tantieme kann jedoch nur dann gesprochen werden, wenn der Betrag von 10.000,00 € in 2005 auf das gesamte Kalenderjahr und nicht auf den Beschäftigungszeitraum bezogen wird. Denn bezieht man den Betrag von 10.000,00 € auf die acht Beschäftigungsmonate des Klägers von Mai bis Dezember 2005, so ergibt sich ein monatlicher anteiliger Betrag von 1.250,00 € (10.000,00 : 8). Der monatliche anteilige Tantiemebetrag für das Jahr 2006 wäre jedoch mit 15.000,00 € : 12 = 1.250,00 € identisch, sodass keine Erhöhung vorläge.
Da die Vertragsauslegung sich an dem Grundsatz auszurichten hat, dass im Zweifel gewollt ist, was nach den Maßstäben der Rechtsordnung vernünftig ist und der recht verstandenen Interessenlage entspricht (BAG vom 15.12.2005 – 2 AZR 148/05, NZA 2006, 791 ff.) und hier eine Regelung der Tantieme in Höhe von 10.000,00 € für den anteiligen Beschäftigungszeitraum von acht Monaten statt für den Bezugszeitraum des Geschäftsjahres (12 Monate) im Hinblick auf die Regelungen unter Ziffer 2 Abs. 4 und Abs. 6 des Anstellungsvertrages sinnwidrig wäre, kann man im Rahmen der Auslegung des Anstellungsvertrages nach Ansicht der Berufungskammer nur zu dem Ergebnis gelangen, dass der Betrag von 10.000,00 € sich auf den gesamten Bezugszeitraum des Geschäftsjahres, also auf das gesamte Kalenderjahr 2005 beziehen sollte. Für die Anwendung der Unklarheitenregel des § 305 c Abs. 2 BGB bleibt damit, selbst unterstellt, dass es sich hier um eine allgemeine Geschäftsbedingung handelt, kein Raum. Die Unklarheitenregel findet nur dann Anwendung, wenn nach Ausschöpfung der in Betracht kommenden Auslegungsmethoden ein nicht behebbarer Zweifel verbleibt und mindestens zwei Auslegungen rechtlich vertretbar sind (vgl. BAG vom 17.01.2006 9 AZR 41/05 EzA-SD 15/2006, S. 7 f.; Palandt/Heinrichs, BGB, 65. Aufl., § 305 c Rdn. 18 m.w.N.). Hier kommt jedoch nur ein Auslegungsergebnis in Betracht, und zwar das vorstehend Beschriebene.
d.) Der Zinsanspruch folgt aus §§ 291, 288 Abs. 1 Satz 2 BGB.
2. Entgegen der Ansicht des Klägers und den Ausführungen in dem angefochtenen Teilurteil des Arbeitsgerichts Düsseldorf steht ihm kein Anspruch auf Urlaubsabgeltung gegen die Beklagte zu. Eine Anspruchsgrundlage hierfür ist nicht vorhanden. […]
III.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 64 Abs. 6 ArbGG i.V.m. §§ 97 Abs. 1, 92 Abs. 1 ZPO. Die Kosten des Berufungsverfahrens waren entsprechend dem Anteil von Obsiegen und Unterliegen der Parteien wie aus dem Tenor ersichtlich zu verteilen. Über die übrigen Kosten des Rechtsstreits konnte keine Entscheidung getroffen werden, denn hier ist lediglich das Teilurteil des Arbeitsgerichts Düsseldorf vom 30.03.2006 mit der Berufung angefochten worden. Dieses enthält selbst jedoch keine Kostenentscheidung, sondern hat diese dem Schlussurteil, das am 04.05.2006 verkündet und von keiner der Parteien angefochten wurde, vorbehalten. Das gegen das Teilurteil gerichtete Rechtsmittel erstreckt sich nicht auf die Kostenentscheidung des nicht angefochtenen Schlussurteils, sodass es dem Berufungsgericht verwehrt ist, trotz inhaltlicher Abänderung des Teilurteils auch die von den Parteien nicht angefochtene Kostenschlussentscheidung abzuändern (vgl. BGH vom 09.11.1977 VIII ZB 36/77, WM 1977, 1428 f.; Thomas/Putzo, ZPO, 27. Aufl., § 99 Rdn. 8; Zöller/Herget, ZPO, 25. Aufl., § 99 Rdn. 10).
Sie Revision wird gemäß § 72 Abs. 2 Ziffer 1 ArbGG für die Beklagte zugelassen. Die Berufungskammer misst der Rechtsfrage, wie die Rechtsfolge bei vertragswidrig unterbliebener einseitiger Zielfestlegung als Voraussetzung für die Zahlung einer variablen Tantieme zu bestimmen ist, grundsätzliche Bedeutung bei.
Für den Kläger war die Revision nicht zuzulassen. Insoweit liegt kein Zulassungsgrund nach § 72 Abs. 2 ArbGG vor. Die Frage, ob der maximale Tantiemeanspruch von 10.000,00 € nach Ziffer 2 Abs. 3 des Anstellungsvertrages auf den Bezugszeitraum der Beschäftigungsdauer im Jahr 2005 oder auf das Kalenderjahr bezogen werden muss, betrifft die Auslegung des Anstellungsvertrages in einem Einzelfall ohne grundsätzliche Bedeutung. Die hier gleichfalls zu Lasten des Klägers entschiedenen Fragen zum Urlaubsabgeltungsanspruch sind höchstrichterlich bereits geklärt, sodass auch in diesem Bereich keine grundsätzliche Bedeutung der behandelten Rechtsfragen vorliegt. Auch eine entscheidungserhebliche Divergenz ist nicht ersichtlich. Wegen der insoweit für den Kläger möglichen Nichtzulassungsbeschwerde wird auf § 72 a ArbGG verwiesen. […]