"Hat der Arbeitnehmer auf Grund einer Rahmenvereinbarung im Arbeitsvertrag Anspruch auf einen Bonus in bestimmter Höhe, wenn er die von den Arbeitsvertragsparteien für jedes Kalenderjahr gemeinsam festzulegenden Ziele erreicht, steht ihm wegen entgangener Bonuszahlung Schadensersatz zu, wenn aus vom Arbeitgeber zu vertretenden Gründen für ein Kalenderjahr keine Zielvereinbarung getroffen wurde."
Urteile variable Vergütung
Unklare Formulierung der Zielvereinbarung
Urteil des Landesarbeitsgerichts Frankfurt vom 29.01.2002 – 7 Sa 836-01
Bei der Zielvereinbarung war noch alles klar. Aber bei der Bemessung der Zielerreichung stellt sich heraus, dass jeder etwas anderes verstanden hat.
Werden in Arbeitsverträgen variable Vergütungs-Bestandteile vereinbart, die an die Erreichung von Zielen geknüpft sind, so hat allein der Arbeitgeber dafür zu sorgen, dass die Zielvereinbarung oder Zielvorgabe klar und eindeutig formuliert ist.
Das Landesarbeitsgericht Hessen musste darüber entscheiden, ob ein Account-Manager das Ziel „TOK Fehlerquote gegen Null“ erreicht hatte. Das TOK beinhaltete aus Sicht des Mitarbeiters nur die technische Abwicklung von Arbeitsabläufen. Der Arbeitgeber verstand darunter aber auch die Erstellung von Angeboten und Abwicklung von Aufträgen und diese Anforderungen habe der Arbeitnehmer nicht erfüllt. Dem Arbeitnehmer wurde der volle Bonus zugesprochen.
In aller Kürze
In seinem Urteil vom 29.01.2002 hat das Landesarbeitsgericht Frankfurt entschieden, dass sobald die Bestimmung von Zielen ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht des Arbeitgebers ist, dieser es im Rahmen billigen Ermessens (§ 315 BGB) zu erfüllen hat.
Sogleich hat der Arbeitnehmer zwar einen Erkundigungsanspruch, der aber keine Erkundigungspflicht mit einschließt. Das Leistungsbestimmungsrecht entspricht hingegen einer Pflicht aus dem Vertrag, die bei Nichterfüllung einen Schadensersatzanspruch des Arbeitnehmers begründet.
Der Arbeitgeber ist als AGB-Verwender zur Beachtung der § 305 ff. BGB verpflichtet, somit gehen Unklarheiten bei der Formulierung von Zielen in der Zielvereinbarung bzw. Zielvorgabe zulasten des Arbeitgebers.
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Landesarbeitsgericht Frankfurt, Urteil vom 29.01.2002 – 7 Sa 836-01
Leitsätze
1. Ein variabler Gehaltsanteil, der von der Erfüllung bestimmter, vom Arbeitgeber vorgegebener Ziele abhängt, wird bei Zielerreichung fällig. Ist der Inhalt des vorgegebenen Zieles wegen unklarer Formulierung ungewiss, kommen dem Arbeitnehmer Erleichterungen der Darlegungslast zugute nach dem Rechtsgedanken des § 5 AGBG (a. F.) und des §2 Absatz 1 Nachweisgesetz. Den Arbeitnehmer trifft keine Pflicht, den Arbeitgeber zur Klarstellung des unklar formulierten Zieles zu veranlassen.
2. Wenn der Arbeitgeber kein Ziel vorgibt, kann der Arbeitnehmer nur dann Ansprüche aus §615 BGB oder §325 BGB a. F. geltend machen, wenn er darlegt, welche Ziele der Arbeitgeber hätte festlegen müssen und dass er selbst diese Ziele auch erreicht hätte.
Tenor
Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Frankfurt vom 08. März 2001, 13 Ca 5845/00, teilweise abgeändert. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 3.067,75 Euro nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 06. September 2000 zu zahlen. Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen. Die Kosten des Rechtsstreits hat der Kläger zu 14,3 % die Beklagte zu 85,7 % zu tragen. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten um Gehaltszahlungsansprüche aus einem beendeten Arbeitsverhältnis.
Der Kläger war bei der Beklagten vom 01.06.1999 bis zum 31.03.2000 als Account Manager beschäftigt. Das Arbeitsverhältnis endete durch Aufhebungsvertrag vom Februar 2000.
Grundlage der Beschäftigung war der Arbeitsvertrag zwischen den Parteien vom 21.04.1999, für dessen Inhalt auf den Vertragstext (Anlage K 1, Bl. 5-7 d.A.) Bezug genommen wird. Das Aufgabengebiet des Klägers umfasste die Akquisition (Kundengewinnung).
Der Kläger erhielt ein jährliches Bruttofestgehalt von 120.000,00 DM, monatlich 10.000,00 DM brutto. Die Parteien vereinbarten weiter einen variablen Gehaltsanteil, der nach einer Probezeit von drei Monaten gezahlt werden sollte.
Die Parteien vereinbarten eine „Scorecard“ (Anlage K 2. Bl. 8 d.A.), auf deren Inhalt Bezug genommen wird.
Mit der am 28.08.2000 bei Gericht eingegangenen und der Beklagten am 06.09.2000 zugestellten Klage hat der Kläger die Zahlung eines variablen Gehaltsanteils für die zehn Monate des Arbeitsverhältnisses geltend gemacht.
Der Kläger ist der Ansicht gewesen, monatlich seien bei Zielerreichung weitere 4.000,00 DM als variabler Gehaltsbestandteil zu zahlen gewesen. Im Streit sei nur das persönliche Ziel „TOK Fehlerquote gegen Null“, welches eines von vier Zielen darstelle.
Der Kläger hat behauptet, er habe dieses vorgegebene Ziel erfüllt, so dass 1/4 von 4.000,00 DM mal sieben Monate für Oktober 1999 bis März 2000 (ausschließlich der dreimonatigen Probezeit), also 7.000,00 DM offen stünden.
Der Kläger ist der Ansicht gewesen, dass er keinen bestimmten Erfolg, sondern seine Bemühung als Arbeitnehmer geschuldet habe. Eine mögliche Nichterfüllung von Zielen könne ihre Ursache im Verantwortungsbereich des Arbeitgebers haben. Durch die Erstellung von Zielvorgaben dürften die Wertungen des KSchG nicht umgangen werden. Leistungsmängel berechtigten nicht zum Einbehalt von Provisionen, zumal keine Abmahnung deswegen erfolgt sei. Das Arbeitsverhältnis habe er beendet, da er einen anderen Arbeitsplatz gehabt habe.
Die Beklagte habe es zu vertreten, dass für September 1999 trotz mehrfacher Aufforderung seinerseits und seiner Kollegen keine Ziele vereinbart worden seien. Die Ziele seien am 29.09.1999 keineswegs einvernehmlich vereinbart worden, sondern unter Kündigungsandrohung von der Beklagten diktiert worden.
Die Ziele der Scorecard „TOK Fehlerquote gegen Null“, „Kundendokumentation“ in dem Warenwirtschaftssystem NATIK und „Erstellen eines Accountplanes“ für die DFS-Deutsche Flugsicherung habe er erfüllt. Er sei niemals auf irgendwelche Versäumnisse aufmerksam gemacht worden.
Unter der Bezeichnung „TOK“ habe von allen Account Managern auf einem gelben Formblatt festgehalten werden sollen:
Vergleich der Bestellung des Kunden mit dem Angebot
Nennung des Lieferanten und des angefragten Einkaufspreises bzw. der anzuwendenden Rabattierung
Bestätigung der Baubarkeit (nicht Lauffähigkeit) der angefragten Konfiguration
Mitteilung, ob, wann und wo evtl. Installation als M. Dienstleistung erfolgen soll
Sonstige Informationen, wie z. B. Nebenabreden
Interner Verteiler.
Die Beklagte habe keinen qualifizierten Vertriebsinnendienst, so dass die Account Manager jeden Schritt hätten überwachen müssen, was aber nur eingeschränkt möglich gewesen sei.
Der Kläger hat beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an ihn 7.000,00 DM brutto nebst 4 % Zinsen auf den Nettobetrag seit dem 06.09.2000 zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte hat behauptet, die Scorecard beschreibe zunächst drei strategische Zielvorgaben, denen allgemeingültig alle Mitarbeiter unterworfen seien. Die von den einzelnen Mitarbeitern persönlich zu erfüllenden Zielvorgaben seien unter der Rubrik „Persönliches Ziel“ individuell definiert. Der Kläger habe vier persönliche Zielvorgaben gehabt, nämlich
im zugeteilten Kundenumfeld Umsatz mit M. steigern
DL Projekte identifizieren und gewinnen
Gewinnung von 4 Neukunden für Maxpert
Die Qualität und Quantität der Kundeninformation in Natik verbessern.
Die letzte Zielvorgabe (4) sei wiederum durch sechs Unterteilungen konkretisiert worden, von denen Ziffer 5) beinhaltet habe: „TOK Fehlerquote gegen 0“.
Die Beklagte hat behauptet, der Kläger habe die Erwartungen nicht erfüllt, was auch zu dem Aufhebungsvertrag geführt habe. Er habe die Unterziffern 1), 2) und 5) der persönlichen Zielvorgabe Nr. 4) nicht erfüllt (Beweis: Zeugnis des D. Über diese Bewertung seiner Leistungen sei der Kläger auch per E-Mail vom 24.05.2000 (Anlage B 1. Bl. 20 d.A.) informiert worden.
Bei dem im Arbeitsvertrag vorgesehenen variablen Anteil am Gehalt handele es sich nicht um einen festen Bestandteil des Arbeitsentgelts. Es sei die Zahlung einer individuell vereinbarten, leistungsbezogenen Prämie versprochen worden. Auch wenn der Kläger sein Arbeitsverhältnis bei ihr einen Monat früher als geplant aufgenommen habe, sollte nach dem Arbeitsvertrag die Ziel Vereinbarung erst zum 30.09.1999 individuell vereinbart werden. Für den Monat September sei keine Zielvereinbarung getroffen worden, was sie nicht zu vertreten habe. Die Zielvorgaben für Oktober 1999 bis März 2000 seien erst bei einem Gespräch am 29.09.1999 einvernehmlich getroffen worden.
Der Kläger habe die Zielvorgabe „TOK Fehlerquote gegen Null“ nicht erreicht. „TOK“ stehe für „technisches OK“ und beziehe sich sowohl auf rein technische Konfigurationen als auch auf die Abwicklung von Arbeitsabläufen, die der Kläger eigenverantwortlich zu erledigen gehabt habe. Letzteres beinhalte die Prüfung von Ausschreibungen, die Erstellung von Angeboten, die Preisgestaltung unter besonderer Berücksichtigung von Konkurrenzangeboten und die vollständige Auftragsabwicklung. Beinhaltet sei auch die Überwachung und sachgerechte Handhabung bestehender vertraglicher Verpflichtung wie z. B. bei Wartungsverträgen und Kundenbeziehungen.
Im Fall „S.“ habe der Kläger weder die fälligen Updates des laufenden Wartungsvertrages vorgenommen noch einen neuen Wartungsvertrag angeboten, nachdem der alte Vertrag am 18.11.1999 abgelaufen gewesen sei. Der Kunde sei verärgert gewesen und ein neuer Wartungsvertrag habe nur mit einem Nettopreisabschlag erreicht werden können.
Im Fall „DFS“ sei zu beachten, dass die DFS ihre eigenen Geschäftsbedingungen durchsetze und daher besonders auf die Preisgestaltung und auf Konkurrenzangebote zu achten sei. Der Kläger habe der DFS unter dem 23.12.1999 ein Preisangebot gemacht, das die Konkurrenzangebote erheblich unterboten hätte und ihre Benachteiligungen und Risiken aus den Geschäftsbedingungen der DFS nicht berücksichtigt habe. Bei der Beschaffung von 28 Monitoren des Herstellers Hewlett Packard für diesen Auftrag habe der Kläger nicht das kostengünstigste Angebot herausgesucht. Er habe die Beschaffung einer unerfahrenen Sachbearbeiterin übertragen, ohne entsprechende Vorgaben zu machen. Eine bereits erfolgte Order habe mit beträchtlichem Aufwand rückabgewickelt werden müssen. Sie verfüge durchaus über ein Warenwirtschaftssystem, in das die sich ändernde Preisgestaltung der Hersteller und Distributoren eingespielt werde. Der Kläger habe das System nicht genutzt.
Im Fall „G.“ habe der Kläger am 26.11.1999 einen Server geliefert und dabei eine nicht geeignete ISDN-Karte eingebaut. Die neue Karte sei erst am 10.02.2000 eingebaut worden, wobei die erste ungeeignete Karte nicht habe zurückgegeben werden können wegen geöffneter Originalpackung. Der eingetretene Imageschaden sei beträchtlich. Die Lauffähigkeit sei geschuldet und auch zuvor durch den Kläger überprüfbar gewesen, da der Hersteller HP die Kompatibilität gängiger Fremdprodukte mit eigenen Produkten zertifiziere.
In einem weiteren Fall sei es zu einer Doppelbestellung gekommen, da der Kläger entgegen einer anderslautenden Anweisung vom 05.11.1999 mündlich telefonisch am 16.11.1999 eine Bestellung aufgegeben habe.
Der Kläger hat zu den Einzelfällen erwidert:
Zum Fall „S.“ sei zu sagen, dass Wartungsverträge von der Abteilung Dienstleistung der Beklagten akquiriert und abgeschlossen sowie überwacht würden und nicht Aufgabe des Vertriebes gewesen seien. Diese Arbeiten seien vom Begriff „TOK“ nicht umfasst gewesen.
Im Fall „DFS“ handele es sich um den Bereich der Angebotserstellung, der ebenfalls nicht unter den Begriff „Technisches OK“ falle. Da die Beklagte weder ein Lager noch ein Warenwirtschaftssystem unterhalten habe, hätten alle Preise bei verschiedenen Distributoren angefragt werden müssen. Eine nach der Bestellung erfolgte Sonderaktion sei ihm nicht bekannt gewesen. Die Berücksichtigung der AGB der DFS gehöre zur Angebotserstellung.
Im Fall „G.“sei die Baubarkeit, nicht die Lauffähigkeit zu bestätigen gewesen. Der Kunde habe von dem nicht vorhersehbaren Problem nichts mitbekommen, die neue Karte sei am übernächsten Tag eingebaut worden. Zum Fall der Doppelbestellung sei darauf hinzuweisen, dass erst die schriftliche Bestellung fälschlich nicht ausgewiesen habe, dass es sich nur um eine schriftliche Bestätigung handele. Telefonische Bestellungen seien im Systemhausbetrieb wegen Dringlichkeit unumgänglich.
Das Arbeitsgericht hat die Klage mit Urteil vom 08.03.2001 abgewiesen. Auf den Inhalt des Tatbestandes und der Entscheidungsgründe des dem Kläger am 10.04.2001 zugestellten Urteils (Bl. 57-69 d.A.) wird Bezug genommen.
Mit dem am 09.05.2001 eingelegten, innerhalb der Berufungsbegründungsfrist am Montag, dem 11.06.2001 begründeten Rechtsmittel der Berufung erstrebt der Kläger eine Abänderung des Urteils vom 08.03.2001.
Der Kläger ist der Ansicht, das erstinstanzliche Urteil enthalte eine falsche Verteilung der Darlegungslast über den Inhalt der Zielvereinbarung und über deren Erfüllung. Er mache Ansprüche auf Arbeitsvergütung nach §611 BGB, hilfsweise Schadensersatzansprüche nach §325 BGB, hilfsweise Annahmeverzugslohn nach §§615, 611 BGB geltend.
Der Kläger meint, dass Ansprüche aus der Score-Card Regelung arbeitsvertragliche Entgeltansprüche seien. Der vereinbarte variable Anteil sei Entgelt im engeren Sinne. Er selbst habe keine Obliegenheit gehabt, die unklaren Begriffe in der Zielvereinbarung „Score-Card“ klarzustellen. Nach Sinn und Zweck des Nachweisgesetzes müsse die Unklarheit der Regelungen zu Lasten des Arbeitgebers gehen und zu seinen Gunsten eine Beweiserleichterung eintreten.
Auch im Bereich der allgemeinen Geschäftsbedingungen gelte, dass Unklarheiten zu Lasten des Verwenders gingen, was hier analog angewandt werden könne. Die Score-Card sei einseitig durch den Arbeitgeber wie eine allgemeine Geschäftsbedingung gestellt worden. Die Anforderungen, die der Begriff „TOK“ enthalten solle, seien von der Beklagten nachträglich konstruiert worden. Der Begriff „TOK“ habe nur eine schriftliche Auflistung auf einem gelben Formblatt betroffen, nicht mehr als ein schriftliches Aufzeichnungs- und Informationssystem. Es sei widersinnig, eine Arbeitsleistung mit Fehlern „gegen Null“ festzulegen, da eine solche Zielvorgabe logischerweise fast nicht mehr unterschritten werden könne.
Auch die anderen in der Scorecard genannten Ziele beschäftigten sich mit Protokollierungsfunktionen wie etwa die Verbesserung der Kundeninformationen in Natik, das Erstellen eines Accountplanes und die Kundendokumentation.
Die Beklagte habe vertragswidrig keine erreichbaren Ziele vorgegeben und befinde sich mit der Vorgabe der Ziele im Gläubigerverzug. Er sei im Wege des Schadensersatzes so zu stellen, als ob erfüllbare Zielvorgaben gemacht worden seien. Dem entspreche auch die vergleichbare Interessenlage beim Auskunfts- und Rechnungslegungsanspruch des angestellten Handelsvertreters. Im Fall S. meint der Kläger, dass die Nichtverlängerung des Wartungsvertrages eine Entscheidung des Kunden gewesen sei, mit der er nichts zu tun gehabt habe. Die Verlängerung von Wartungsverträgen gehöre nicht zu seiner Aufgabe. Im Fall … sei die Kompatibilität nicht voraussagbar gewesen; darauf habe er die Beklagte, in deren alleinigen Verantwortungsbereich das Problem fiele, auch hingewiesen. Bei der Doppelbestellung habe die Sachbearbeiterin Frau L., einen Fehler gemacht, als sie die nachfolgende schriftliche Bestellung irrtümlich nicht als bloße Bestätigung ausgewiesen habe.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Arbeitsgerichts Frankfurt am Main vom 08.03.2001, 13 Ca 5845/00 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, an ihn 3.579,04 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 06.09.2000 zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte behauptet, Sinn und Zweck des Prämienversprechens im Zusammenhang mit der Scorecard sei gewesen, die Steigerung und Verbesserung von Arbeits- und Betriebsergebnissen zu belohnen. Es habe sich also um ein Instrument der Qualitätssicherung und -steigerung gehandelt. Sie sei gerade in ihrer Branche auf ihren Ruf der Lieferung bester Qualität angewiesen.
Es sei unsinnig, dass die prämienauslösende Zielerreichung sich in der Ausfüllung eines gelben Formblattes zu Dokumentationszwecken erschöpfen solle. Ein Prämienanspruch habe nicht schon an geringfügigen Fehlleistungen scheitern sollen, so dass „gegen Null“ vereinbart worden sei.
Der Abschluss und die Verlängerung von Wartungsverträgen sei wesentlicher Bestandteil ihres Unternehmenszweckes. Als Vertriebsbeauftragter sei der Kläger hierfür zuständig gewesen. Hinsichtlich der ISDN-Karte sei festzustellen, dass die Karte der Firma US-Robotics nicht zertifiziert und nicht kompatibel gewesen sei. Der Kläger habe die Kompatibilität leicht durch öffentlich zugängliche Quellen der Hersteller feststellen können. Jedenfalls hätte der Kläger die Lauffähigkeit vor Auslieferung testen müssen. Eine kompatible ISDN-Karte sei erst am 28.01.2000 eingebaut worden. Der Kunde habe das System also zwei Monate nicht fehlerfrei nutzen können, was einen entsprechenden Imageschaden bewirkt habe. Die Fehler des Klägers hätten vier ihrer wichtigsten Kunden betroffen.
Gründe
Die gemäß §8 Absatz 2, §64 Absatz 1 ArbGG stauhafte und nach dem Beschwerdewert gemäß §64 Absatz 2 b) ArbGG zulässige Berufung ist fristgerecht und formgerecht eingelegt und begründet worden.
Die zulässige Berufung des Klägers ist überwiegend begründet.
Der Kläger hat Anspruch auf Zahlung einer Provision aus seinem Arbeitsvertrag vom 21.04.1999 in Verbindung mit der Scorecard „Provisionsrelevante Ziele und Kriterien für FY 1999“ für die Monate Oktober, November und Dezember 1999 und Januar. Februar und März 2000. Der Anspruch in Höhe von 1.000,00 DM = 511,19 Euro pro Monat ergibt sich für die genannten Monate aus der Erfüllung des in der Scorecard genannten persönlichen Zieles „die Qualität und Quantität der Kundeninformationen in Natik verbessern“, wobei auch der Unterpunkt dieses persönlichen Zieles „TOK Fehlerquote gegen Null“ in den genannten Monaten erfüllt worden ist. Dagegen ist ein Anspruch für den Monat September 1999 nicht gegeben, da für diesen Monat keine gültige Zielvereinbarung abgeschlossen worden ist und die Beklagte hierfür nicht im Wege des Schadensersatzes Zahlungen leisten muss.
Nach Abschnitt III des zwischen den Parteien vereinbarten Arbeitsvertrages erhält der Kläger neben seinem Bruttofestgehalt von monatlich 10.000,00 DM einen „variablen Anteil von 40 %, der sich aus definierten Zielen zusammensetzt, die nach der Probezeit von drei Monaten vereinbart werden und ab dann gehaltsbildend sind.“ Nach Abschnitt I des Vertrages beginnt das Arbeitsverhältnis zum 01. Juli 1999 oder früher.
Die Parteien haben darüber Einigkeit erzielt, dass die Scorecard (Bl. 8 d.A.) vier Ziele aufgestellt hat, wobei die letzte Zielvorgabe „die Qualität und Quantität der Kundeninformation in Natik verbessern“ wiederum in sechs Unterteilungen konkretisiert worden ist. Auf das Jahresgehalt des Klägers von 120.000,00 DM gerechnet konnte der Kläger pro erreichter Zielvorgabe und Monat einen Betrag von 1.000,00 DM erreichen. Streitig ist nur, ob der Kläger die Zielvorgaben des vierten Zieles „die Qualität und Quantität der Kundeninformation in Natik verbessern“ erreicht hat, wobei die Beklagte sich zuletzt darauf beschränkt hat, die Zielvorgabe sei deshalb nicht erreicht worden, weil der Unterpunkt „TOK Fehlerquote gegen Null“ nicht erfüllt worden sei. Die Behauptung, der Kläger habe auch die anderen Unterpunkte „Kundendokumentation“ und „Erstellen eines Accountplanes“ nicht erfüllt, hat die Beklagte nach der ersten Klageerwiderung nicht weiter ausgeführt. Nachdem der Kläger im Schriftsatz vom 13.10.2000, Seite 4 (Bl. 25 d.A.) die Erfüllung dieser beiden Unterpunkte substantiiert behauptet hat, hat die Beklagte hierzu im Schriftsatz vom 20.11.2000. Seite 3 (Bl. 29 d.A.) nur noch pauschal behauptet, der Kläger habe keine der einvernehmlich definierten Zielvorgaben erreicht, insbesondere nicht die Vorgabe „TOK Fehlerquote gegen Null“. Die Behauptungen des Klägers, er habe alle relevanten Daten der ihm zugeteilten Kunden in das Warenwirtschaftssystem „Natik“ eingetragen und zwar mehrfach, ist daher als unstreitig anzusehen. Denn gemäß §138 Absatz 2 ZPO hat sich jede Partei über die vom Gegner behaupteten Tatsachen zu erklären. Gemäß §138 Absatz 3 ZPO sind Tatsachen, die nicht ausdrücklich bestritten werden, als zugestanden anzusehen, wenn nicht die Absicht, sie bestreiten zu wollen, aus den übrigen Erklärungen der Partei hervorgeht. Die Anforderungen an die Substantiierungslast des Bestreitenden hängen davon ab, wie der Gegner vorgetragen hat (BGH, Urteil vom 03.02.1999, VIII ZR 14/98, NJW 1999, 1404, 1405; Zöller. ZPO-Kommentar. 22. Auflage 2001, §138. Rz. 8 a). Die Beklagte hat auf die konkreten Tatsachenbehauptungen des Klägers, durch welche Handlungen er die genannten Ziele erfüllt hat, nicht mit dem Bestreiten dieser Tatsachen oder einer anderen Sachdarstellung erwidert. Die allgemeine Formel, das gesamte Vorbringen des Gegners werde bestritten, soweit es nicht ausdrücklich zugestanden werde (Schriftsatz vom 20.11.2000, Bl. 27 d.A.) ist als eine unbeachtliche Leerformel zu bewerten (vgl. Baumbach u. a., Kommentar zur ZPO, 60. Auflage 2002. §138, Rz. 33).
Nach diesen Maßstäben gilt auch die Behauptung des Klägers, er habe den Accountplan für die DFS-Deutsche Flugsicherung termin- und sachgerecht erstellt und am 24.12.1999 übergeben, mangels weiteren Vortrages der Beklagten hierzu als unstreitig.
Der Kläger hat auch die weitere Anforderung der Unterabteilung der Zielvorgabe des persönlichen Zieles „die Qualität und Quantität der Kundeninformation in Natik verbessern“, nämlich die Vorgabe „TOK Fehlerquote gegen Null“ erfüllt. Dazu ist zunächst festzustellen, welchen Inhalt diese Vorgabe hatte, da erst nach einer entsprechenden Feststellung geklärt werden kann, ob die Ziele des Unterabschnitts der Vorgabe erreicht worden sind.
Die Kammer ist unter Berücksichtigung des beidseitigen gesamten Prozessvortrags ( §286 Absatz 1 Satz 1 ZPO ) der Überzeugung, dass es sich bei dem Unterabschnitt „TOK Fehlerquote gegen Null“ zu dem übergeordneten Ziel „die Qualität und Quantität der Kundeninformationen in Natik verbessern“ um eine reine Dokumentationsanforderung ohne weitergehende inhaltliche Anforderungen an die Qualität der Arbeitsleistung handelte. Dabei kann dahingestellt bleiben, ob die Beklagte als Arbeitgeberin oder der Kläger als anspruchstellende Partei für die Bedeutung der stichwortartig in der Scorecard niedergelegten Ziele darlegungspflichtig ist. Denn auch wenn der Kläger für den Inhalt des genannten Zieles darlegungspflichtig wäre, stände zur Überzeugung der Kammer fest, dass der Begriff „TOK Fehlerquote gegen Null“ sich auf eine Dokumentation ausgeführter Arbeitsvorgänge auf einem Berichtszettel bezieht. Dies ergibt sich bereits daraus, dass das übergeordnete Ziel, das Warenwirtschaftssystem Natik so zu handhaben, dass die Qualität und Quantität der Kundeninformation verbessert wird, reine Dokumentationsfunktion hat. Auch alle anderen Unterpunkte dieses übergeordneten Zieles beziehen sich auf Dokumentationsfunktionen wie das Erstellen eines Accountplanes für die DFS, die Kundendokumentation (Ansprechpartner. Organigramm, Budget. Projekte), sowie regelmäßige Projektlisten und Forecast. Auch die beiden anderen Punkte, nämlich die Vertretung von Kollegen und die Reaktionszeit bei Anfragen und Angeboten unter zwei Tagen beziehen sich auf die Erscheinung gegenüber Kunden und die Sicherstellung eines geordneten Betriebes beim Ausfall von Kollegen sowie die Schnelligkeit der Auftragsabwicklung, nicht jedoch auf die Qualität oder die Quantität der Arbeitsleistung.
Die Ausführungen des Klägers in der Berufungsverhandlung, mit dem vierten Ziel habe sichergestellt werden sollen, dass jeder in Frage kommende Mitarbeiter eine Provision erhalten könne, auch wenn andere Anforderungen nicht erfüllt würden, weil die Dokumentation wirklich jeder leisten könne, passen nach Ansicht der Kammer zu den im vierten Ziel aufgestellten Voraussetzungen. Diese Angabe des Klägers erscheint der Kammer glaubhaft, zumal die inhaltlichen Anforderungen an Arbeitsleistung und -gute sowie persönlichen Einsatz bereits durch die ersten drei Ziele der Umsatzsteigerung und Neukundengewinnung erfasst werden.
Dagegen sind die Ausführungen der Beklagten, unter den Begriff „TOK Fehlerquote gegen Null“ falle die technische Lauffähigkeit der implementierten Soft- und Hardware, für die Kammer angesichts des Wortlauts der Scorecard nicht nachvollziehbar. Wenn die von der Beklagten geschilderten Vorfälle in den Fällen „S.“, „DFS“, „G.“ und „Doppelbestellung“, welche sie für Arbeitsfehler hält, unter den Begriff „Technisches OK“ fallen sollten, wäre ein inhaltlich fehlerfreies Arbeiten in fast 100 % aller Aufgaben Voraussetzung für die Erreichung der fünften Untergruppe der vierten Zielvorgabe. Alle anderen Untergruppen wären dagegen ohne Bezug zur Qualität der Arbeitsleistung, da sie Dokumentationen, Schnelligkeit der Bearbeitung und Vertretung der Kollegen betreffen. Eine solche nachträglich erfolgte Auslegung des Begriffes „TOK Fehlerquote gegen Null“ widerspricht dem Wortlaut und der systematischen Einordnung des Unterpunktes in die vierte Zielvorgabe der persönlichen Ziele.
Unklarheiten bei der Feststellung, welchen Bedeutungsinhalt die Zielvorgaben, seien sie vereinbart oder einseitig durch den Arbeitgeber festgelegt worden, gehen zu Lasten des Arbeitgebers. Dies ergibt sich bereits aus einer entsprechenden Anwendung der Unklarheitenregel des AGB-Gesetzes alter Fassung (§5 AGBG), wonach Zweifel bei der Auslegung allgemeiner Geschäftsbedingungen zu Lasten des Verwenders gehen. Die nunmehr nach §305 Absatz II BGB auch im Bereich des Arbeitsrechts geltende Vorschrift war zwar im Jahr 1999 gemäß §23 Absatz 1 AGBG für arbeitsrechtliche Verträge nicht unmittelbar anwendbar. Der Anwendungsausschluss des §23 I AGBG bedeutete aber nicht, dass die dem AGB-Gesetz zugrunde liegenden Rechtsgedanken, soweit erforderlich und angemessen, nicht in der arbeitsrechtlichen Vertragsauslegung berücksichtigt werden konnte. Dabei kann dahingestellt bleiben, ob die Unklarheitenregel aus einer analogen Anwendung des AGB-Gesetzes hergeleitet wird (so LAG Hamm. Urteil vom 09.09.1999, 16 Sa 1751/98. MDR 2000, 651) oder sich anhand der nach §§134 , 138 , 242 , 315 BGB durch die Rechtsprechung entwickelten arbeitsrechtlichen Grundsätze ergibt (so BAG, Urteil vom 13.12.2000, 10 AZR 168/00 , BB 2001, 938 zu überraschenden Klauseln; offen gelassen in BAG, Urteil vom 27.04.2000, 8 AZR 301/99 , Juris zu überraschenden Vertragsstrafenklauseln und BAG, Urteil vom 16.10.1991, 5 AZR 35/91 , AP nr. 1 zu §19 BErzGG zur Unklarheitenregel). Denn auch nach allgemeinen arbeitsrechtlichen Grundsätzen kann der Arbeitgeber, der eine Zielvereinbarung abschließt, ohne den genauen Inhalt der Anforderungen mit dem betroffenen Arbeitnehmer abzuklären, sich nicht nachträglich darauf berufen, die persönlichen Ziele hätten Inhalte umfasst, die aus dem Wortlaut und dem systematischen Zusammenhang der Zielvereinbarung nicht ersichtlich sind. Ein Zielvereinbarungssystem zeichnet sich dadurch aus, dass im Voraus die zu erreichenden Ziele im Wege eines Vertrages mit dem Arbeitnehmer festgelegt werden. Nach Ablauf der entsprechenden Periode wird der Grad der Zielerreichung mit dem Arbeitnehmer besprochen und nach einem bestimmten System bewertet (Münchener Handbuch zum Arbeitsrecht – Kreßel, Band I, §67, Rz. 120). Es ist zwischen den Parteien zwar streitig, ob die Beklagte den Inhalt der Scorecard einseitig „nach einer Pseudodiskussion mit der Drohung mit einer Kündigung des Arbeitsverhältnisses“ festgesetzt hat oder die Zielsetzungen in einem Mitarbeitergespräch festgelegt worden sind. Falls die Behauptungen des Klägers über eine einseitige Festlegung zutreffen sollten, wäre der tiefere Sinn einer Zielvereinbarung als partizipatorisches Führungsinstrument zwar verfehlt worden (vgl. Geffken, NZA 2000,1033 ff [BAG 23.02.2000 – 7 AZR 825/98]). Das würde der Wirksamkeit der vorgegebenen Ziele jedoch nicht entgegenstehen. In beiden Fällen steht jedoch fest, dass keine genauere Definition des Inhalts der in der Scorecard genannten Ziele erfolgt ist. Eine Erkundigungs- oder Beanstandungspflicht des Arbeitnehmers, der die Ungenauigkeit der Festlegungen kannte oder hätte erkennen können, bestand nicht. Denn da aufgrund des Arbeitsvertrages und der Vereinbarung eines variablen Gehaltsanteils bestand zwischen den Parteien eine Sonderverbindung, die zu einem Auskunftsanspruch des Berechtigten über seine wahrscheinlich gemachten Ansprüche auf erfolgsabhängige Vergütung geführt hat (vgl. BAG, Urteil vom 21.11.2000, 9 AZR 665/99 , ARST, 2002,14,15). Da der Kläger somit einen Anspruch gegen den Arbeitgeber auf Auskunft über den genauer definierten Inhalt des Begriffs „TOK Fehlerquote gegen Null“ hatte, um seine erfolgsabhängigen Vergütungsansprüche beziffern zu können, kann ihm nicht gleichzeitig eine Erkundigungspflicht auferlegt werden. Die Erteilung der Auskunft bei Festlegung der Ziele wäre eine Obliegenheit der Beklagten gewesen. Soweit sie ihr nicht nachgekommen ist, liegt eine aus sich heraus nicht verständliche und mehreren Interpretationsmöglichkeiten zugängliche, somit unklare Regelung vor. Diese Unklarheit geht nach zu Lasten der Beklagten, welche die Ziele so unklar definiert hat.
Diese Verteilung der Darlegungs- und Beweislast entspricht auch dem Rechtsgedanken des §2 Absatz 1 Nachweisgesetz. Danach hat der Arbeitgeber spätestens einen Monat nach dem vereinbarten Beginn des Arbeitsverhältnisses die wesentlichen Vertragsbedingungen schriftlich niederzulegen und die unterzeichnete Niederschrift dem Arbeitnehmer auszuhändigen. Nach §2 Absatz 1 Satz 2 Ziffer 6 NachweisG erstreckt sich die Nachweispflicht auch auf die Zusammensetzung und die Höhe des Arbeitsentgeltes einschließlich der Zuschläge, der Zulagen, Prämien und Sonderzahlungen sowie anderer Bestandteile des Arbeitsentgeltes und deren Fälligkeit. Aus der dem Nachweisgesetz zugrunde liegenden Richtlinie 91/533/EWG des Rates der Europäischen Gemeinschaften vom 14.10.1991 ergibt sich zwar keine zwingend vorgeschriebene Rechtsfolge für die Nichterfüllung dieser Verpflichtung zur Erstellung eines entsprechenden Nachweises (EuGH, Urteil vom 08.02.2001, Rs. C-350/99. AP Nr. 4 zu §2 NachwG). Die deutsche Umsetzung der Richtlinie durch das Nachweisgesetz enthält auch keine Regelung einer Beweislastumkehr im Fall, dass der Verpflichtung zur Nachweiserstellung durch den Arbeitgeber nicht nachgekommen wird (hierzu LAG Hamm. Urteil vom 14.08.1998, 10 Sa 777/97, MDR 1999, 618 m.w.N.). Nach dem Rechtsgedanken der §§427, 444 ZPO a.F. kann die Nichterstellung eines Nachweises jedoch zu Beweiserleichterungen für die anspruchstellende Partei führen (so LAG Hamm, Urteil vom 17.12.1998, 4 Sa 635/98, Juris; LAG Köln. Urteil vom 31.07.1998, 11 Sa 1484/97. NZA 1999, 545 ff; ArbG Lübeck, Urteil vom 21.01.1999,1 Ca 2776/98. Juris). Die Vereinbarung der Parteien im Arbeitsvertrag über eine erfolgsabhängige Vergütung ist allein nicht geeignet, die Höhe des Arbeitsentgeltes des Klägers abschließend zu bestimmen. Dies ist auch durch die Einbeziehung der Regelungen der Scorecard aufgrund der unklaren Formulierungen über das vierte persönliche Ziel, insbesondere der Formulierung „TOK Fehlerquote gegen Null“ nicht möglich. Es liegt daher eine vergleichbare Interessenlage vor zu dem Fall, dass der Arbeitgeber keinen ausreichend klaren und in sich verständlichen Nachweis über die Gehaltshöhe erstellt. In diesem Fall kann bei einer plausiblen Darlegung des anspruchstellenden Arbeitnehmers über den Inhalt der nach der Zielvereinbarung geforderten Leistung eine Beweiserleichterung entsprechend dem Rechtsgedanken der §§427, 444 ZPO a.F. erfolgen. Diese plausible und glaubhafte Darlegung hat der Kläger mit seinen Ausführungen zur reinen Dokumentationsfunktion der in Unterpunkt 5 des Punktes 4 der persönlichen Ziele -wie ausgeführt- erbracht.
Da die Untergruppe der vierten Zielvorgabe somit nur Dokumentationszwecke verfolgte und die Beklagte nicht bestritten hat, dass der Kläger diese Dokumentation erfüllt hat, braucht über die von den Parteien erörterten Einzelfragen einer behaupteten mangelhaften Arbeitsleistung nicht entschieden zu werden. Alle Fälle betreffen nicht die Dokumentation der Arbeitsleistung. Auch im Fall der Doppelbestellung, wenn man sie unter den Begriff des „Technischen OK“ fassen wollte, hat nicht der Kläger, sondern die zuständige weitere Mitarbeiterin eine doppelte, d. h. weitere Bestellung aufgegeben, ohne zu kennzeichnen, dass bereits eine telefonische Bestellung vorlag. Eine die Erfüllung des Ziels hindernde Fehlleistung des Klägers ist also in keinem Fall zu erkennen.
Der Zinsanspruch ergibt sich aus dem Gesichtspunkt der Rechtshängigkeit nach §291 BGB in Verbindung mit §288 Absatz 1 BGB.
Der Kläger hat keinen Anspruch auf Zahlung einer Provision für den Monat September 1999, auch wenn er die Ende September in der Scorecard festgelegten Ziele auch im September 1999 erreicht haben sollte. Denn die Scorecard galt im September 1999 noch nicht.
Der Kläger kann Ansprüche auch nicht unter den Gesichtspunkten des Verzugslohns nach §§615, 611 BGB a.F. oder des Schadensersatzes nach §325 BGB a.F. geltend machen. Nach dem Arbeitsvertrag vom 21.04.1999 ist ein variabler Anteil der Arbeitsvergütung, der sich aus definierten Zielen zusammensetzt, erst dann geschuldet, wenn die definierten Ziele nach einer Probezeit von drei Monaten vereinbart worden sind. Der Kläger hat zwar schon zum 01.06.1999 bei der Beklagten seine Tätigkeit aufgenommen, so dass die Probezeit von drei Monaten zum 01. September 1999 abgelaufen ist. Da für den Monat September aber keine Ziele vereinbart worden sind, bleibt völlig unklar, welche Ziele vereinbart worden wären, wenn die Beklagte fristgerecht Ziele vorgegeben hätte. Es besteht kein Erfahrungssatz des Inhalts, dass die Ende September 1999 vereinbarte oder einseitige vorgelegte Scorecard gleichlautend auch im September 1999 Gültigkeit gehabt hätte. Der Kläger kann sich nicht darauf berufen, dass die Beklagte „erfüllbare Ziele“ hätte vorgeben müssen, die er dann auch erfüllt hätte. Denn bei der Bestimmung der Ziele handelt es sich um ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht des Arbeitgebers, welches dieser gemäß §315 Absatz 1 BGB nach billigem Ermessen auszufüllen hat. Eine Auslegung des Arbeitsvertrages über die Einräumung einer leistungsabhängigen variablen Vergütung führt dazu, dass dem Leistungsbestimmungsrecht des Arbeitsgebers auch eine Leistungsbestimmungspflicht entspricht, da der Arbeitnehmer andernfalls um Vergütungsbestandteile gebracht werden würde. Die verzögerte oder unterlassene Leistungsbestimmung kann daher zu einem Schadensersatzanspruch führen (Soergel, Kommentar zum BGB. 12. Auflage 1990, §315. Rz. 35). Wenn die Bestimmung verzögert oder nicht getroffen wird, ist nach §315 Absatz 3 BGB a.F. Rechtsfolge dieser Verzögerung, dass die Bestimmung durch Urteil getroffen werden kann (für die verweigerte Bestimmung Münchener Kommentar zum BGB-Gottwald, §315, Rz. 29). Die Sonderregelung des §315 Absatz 3 BGB schließt es aus, dass der Kläger als Gläubiger der Vergütung die Beklagte als Schuldnerin der Vergütung mit der Leistungsbestimmung der Ziele nach §326 BGB a.F. in Verzug setzt, um auf eine Schadensersatzforderung überzugehen, indem er die Beklagte zur Vornahme der Bestimmung auffordert. (BGH, Urteil vom 17.05.1971, VIII ZR 16/70, LM Nr. 11 zu §315 BGB; Münchener Kommentar, a.a.O., §315, Rz. 27).
Die Voraussetzungen einer Leistungsbestimmung durch das Gericht gemäß §315 Absatz 3 Satz 2 BGB liegen vor.
Der Kläger hat eine Verzögerung der Leistungsbestimmung schlüssig und unwidersprochen behauptet mit dem Vortrag, „trotz mehrmaliger Aufforderung“ durch seine Kollegen und ihn habe der völlig überforderte Betriebsleiter Dieter Bleise keinen Vereinbarungsentwurf vorgelegt (Schriftsatz vom 30.01.2001. S. 2, Bl. 44 d.A.). Die Verzögerung ist durch den Zeitablauf einer völligen Verweigerung gleichzustellen.
Bei der Bemessung der Kriterien ist der Arbeitgeber im Rahmen des billigen Ermessens frei und an Vorgaben nicht gebunden. Diese Tatsache schließt es schon aus, anzunehmen, die Beklagte habe Ziele setzen müssen, die zu einem weiteren variablen Gehaltsanspruch des Klägers geführt hätten. Der Vortrag des Klägers ist nicht ausreichend, um festzustellen, welche Ziele die Beklagte für den Monat September billigerweise hätte setzen müssen und in welchem Umfang er sie erfüllt hätte. Der Kläger hat gerade keine für billig erachtete Ziele benannt, sondern stützt seine Zahlungsforderung für September 1999 allein auf die Tatsache, dass die Beklagte keine Ziele vorgegeben oder vereinbart hat. Die Tatsache, dass für September 1999 kein Ziel bestand, führt allein noch nicht zu einem Vergütungsanspruch oder einem Schadensersatzanspruch des Klägers. Es fehlt für die Annahme, der Kläger hätte im Monat September einen variablen Gehaltsanspruch von genau 1.000,00 DM erzielt, jegliche Tatsachengrundlage, sodass auch für eine Schätzung in entsprechender Anwendung des §287 Absatz 1 Satz 1 ZPO kein Raum ist. Gerade am Beginn des Arbeitsverhältnisses in der Einarbeitungszeit besteht keine Vermutung dafür, dass der Kläger schon leistungsabhängige Vergütungsbestandteile hätte erhalten können, wenn die Leistungsbestimmung rechtzeitig getroffen worden wäre.
Die Kostenentscheidung beruht auf §92 Absatz 1 Satz 1 ZPO.
Für die Zulassung des Rechtsmittels der Revision bestand keine gesetzlich begründbare Veranlassung.